Der Kunde als unbekanntes Wesen - Frankfurter Allgemeine Zeitung, August 2002
11.08.2002Frankfurter Allgemeine Zeitung, August 2002Marktforschung und Strategieberatung für vorwiegend technische Produkte und Dienstleistungen
Wie erfahren Unternehmen, wo sich Marktchancen verbergen, wie geplante Produkte in welchem Umfang abgesetzt werden können? Die Antwort ist einfach und schwierig zugleich: Sie bedienen sich der Instrumente der Marktforschung, befragen Kunden und potentielle Abnehmer. Wenn dies allerdings so leicht wäre, warum gibt es dann so viele Beispiele des Scheiterns? Für Peter Schuster, einen der Gründer und geschäftsführenden Gesellschafter von Schlegel und Partner in Weinheim, gibt es ein Bündel von Gründen. Ein besonders wichtiger ist, daß Unternehmen - gerade diejenigen, die technische Produkte herstellen - häufig nur unzureichend wissen, wer ihre potentiellen Kunden sind. In den zehn Jahren, in denen das Unternehmen sich mit Absatzanalysen, Konzepten und der Realisierung von Projekten beschäftigt, sind Schuster und seine beiden Mitgründer Katja Flascha und Dierk Plümer zu der Auffassung gelangt, daß in der exakten Marktanalyse gerade in schwer durchschaubaren Märkten wie Äthiopien der Schlüssel für den Erfolg liegt.Das heißt, um bei Äthiopien und Turbinen zu bleiben, Vorortrecherche, mit Anwendern und politisch Verantwortlichen strukturierte Einzelgespräche zu führen, alle verfügbaren Daten zu erheben, um schließlich in eine Strategie zu entwickeln. "Wir ersetzen dem Kunden die eigene Marktforschung, und das in einer Qualität, die er zwar möchte, aber nicht leisten kann", sagt Flascha. Ihr Mitgründer Plümer beschreibt den Ansatz mit den Worten: "Wir schaffen den Markt mit unseren Kunden."Es sind ganz verschiedene Märkte, die die rund 30 Mitarbeiter betreuen. Rund 20 Prozent aller Aufträge führen sie nach Übersee, wobei ihre Expertisen dort besonders zum Tragen kommen, wo es wenig verfügbare Daten gibt. Der Branchenmix zeigt, daß es in ihrem Metier vor allem um technische Marktforschung geht, von kleinen Stückzahlen wie Großanlagen bis hin zu Zulieferteilen für die Automobilindustrie. Folglich stammt die Mehrzahl der Projekte aus fünf Branchen: Kraftfahrzeugbau und Schiene (31 Prozent), Maschinen- und Anlagenbau sowie Elektrotechnik (30 Prozent), Verbrauchsgüter und Dienstleistungen (17 Prozent), Betriebsstoffe (15 Prozent) sowie Chemie, Pharma und Medizin (7 Prozent). Die wichtigsten Untersuchungsregionen sind Deutschland und Europa mit 42 und 39 Prozent, gefolgt von Übersee (10 Prozent) und globalen Projekten, die 9 Prozent ausmachen.Inhaltlich reicht die Palette von der Strategieberatung über Marktexploration, Marktvolumenanalyse bis hin zu Kundenzufriedenheitsanalysen oder Vertriebsstrategien. Basis der meisten Untersuchungen bilden individuelle Gespräche mit Kunden oder Abnehmern, die im Schnitt eine Stunde dauern. Dies sei auch deshalb nötig, weil sie eher den Rang eines Expertengesprächs haben, sagt Schuster. Deshalb besteht die Mitarbeiterzahl nicht aus klassischen Marktforschern sondern aus Betriebs- und Volkswirten, Wirtschaftsingenieuren, Juristen und Psychologen.Entsprechend vielfältig wie die Untersuchungsgegenstände und die Ausbildung der Mitarbeiter ist auch der Kundenstamm der Weinheimer Gesellschaft, die 1992 als Ausgründung der Stabstelle Marktforschung der Unternehmensgruppe Freudenberg entstand. Er reicht von dem großen Chemiekonzern BASF über Beiersdorf bis hin zum Anlagenbauer Voith oder zu Adressen wie KPMG, SAP, Bosch, VDO sowie der Deutschen Bank, um nur einige zu nennen. Aber nicht nur die großen Adressen finden sich im Kundenstamm von Schlegel und Partner. Für ein mittelständisches Unternehmen der Kraftfahrzeugzulieferindustrie habe man neben einer Marktanalyse auch den Kontakt zu einem der großen amerikanischen Autokonzerne hergestellt.Gefragt, wie Schuster und seine Mitgründer die konjunkturelle Lage in der Welt einschätzen, fällt die Antwort zwiespältig aus. Zum einen könne man von einer Ablösung der Branchen- durch eine Firmenkonjunktur reden. Und selbst wenn die Rahmendaten nicht sonderlich optimistisch stimmten - bei fast allen Unternehmen sei noch ein Marktpotential vorhanden. Das gelte selbst für Marktführer. Denn vielfach seien die Kunden das am wenigsten bekannte Wesen in einer Unternehmensstrategie.