Trends bei Textilien im Automobil

15/05/2003
Textilien werden ein immer wichtigerer Bestandteil des KFZ-Innenraums und finden hochspezialisierte Einsatzgebiete - dies ist das Ergebnis einer kürzlich abgeschlossenen Studie von Schlegel und Partner GmbH, der internationalen Marketing- und Vertriebsberatung, Weinheim. Vereinfacht lassen sich textile Werkstoffe im Fahrzeug in zwei Hauptgruppen einteilen:
Dekor- und Bezugsstoffe für Sitze, Verkleidungsteile und Dachhimmel sowie Bodenauskleidungen "Technische Textilien" z.B. für Sicherheitsgurte und Airbags.
Unter technischen Textilien versteht man alle Produkte, bei denen Funktion undtechnische Spezifikationen gegenüber Gestalt und Design im Vordergrund stehen. Sie haben mittlerweile eine außerordentliche Perfektion erreicht und sind mittel- und langfristig nicht ersetzbar. Dagegen stehen alle dekorativen Textilien im ständigen Wettbewerb mit anderen Werkstoffen wie Leder, Kunstleder und Folien. Zudem sieht sich die Faserindustriemit ständig wachsenden Anforderungen der Kfz-Hersteller konfrontiert, wie Wiederverwertbarkeit, höhere Sicherheit, leichtere Verarbeitung, Farbstabilität und Gewichtsreduzierung (derzeit 11 kg / Pkw). Auch der Kostenaspekt spielt weiterhin eine bedeutende Rolle. Beispielsweise ist bei Dachhimmeln ein Trend zum günstigeren One-Shot-Verfahren (Verbindung aller Schichten in einem Arbeitsgang) zu beobachten. Zudem bieten moderne Vliesstoffe eine preiswerte Lösung, die neue Designvarianten bei gewebeähnlicher Anmutung ermöglichen. Autositze werden heute immer komplexer. Neben den bekannten ergonomischen Standards treten thermophysiologische Eigenschaften in den Mittelpunkt.

Hochwertige Sitze sollten in der Lage sein, den Temperatur- und Feuchte-Haushalt während der Fahrt zu regulieren. Häufig enthalten Sitzkonstruktionen heute noch Schichten, die zwar pflegeleicht, aber nicht in der Lage sind, Feuchtigkeit und Wärme aufzunehmen bzw. weiterzuleiten. Ein so entstehender Feuchte- und Hitzestau sorgt für ein thermophysiologisch unkomfortables Sitzklima. Der Hersteller muss den Sitzverbund daher so modifizieren, dass Feuchtigkeit gepuffert werden kann. Das gelingt, wenn unter dem Dekorstoff ein feuchteabsorbierendes Material eingebracht wird.

Eine gute, bereits serienreife Möglichkeit besteht darin, eine aktivkohlehaltige Schicht einzubringen. Aktivkohle ist aufgrund ihrer großen inneren Oberfläche in der Lage, viel Wasser in kurzer Zeit aufzunehmen und zwischenzuspeichern. Die Wasserabgabe erfolgt wiederum automatisch, wenn der Passagier den Sitz verläßt. Bei Bodenverkleidungen sind eine Vielzahl von Anforderungen in Einklang zu bringen. Die Teppichoberfläche muss in erster Linie optisch gefallen, wertvoll aussehen und dem aktuellen Design-Trend entsprechen. Sie soll sich angenehm anfühlen, einen subtilen Kontrast zu Armaturenbrett und Türverkleidung schaffen und das Fahrzeug optisch aufwerten. Auch in den Fahrzeugen der Unter- und Mittelklasse lösen textile Oberflächen die Kunststoffe ab. Hierbei geht der Trend eindeutig in Richtung Harmonie - Design, Farbe und Stil aller Bestandteile fließen zusammen. Der Sandwichaufbau unterhalb der Teppichoberware muss dagegen vor allem Funktions- und Leistungsansprüchen genügen. Neben akustischen, thermischen, antistatischen und mechanischen Eigenschaften kommen Umwelt- und Recyclinganforderungen und nicht zuletzt die Reduktion der Produktionskosten hinzu. Eine besondere Herausforderung für die Textilhersteller sind die Belastungen, die sich aus dem Verar-beitungsprozess ergeben. Hier ist zu berücksichtigen, dass das optische Erscheinungsbild trotz unterschiedlicher Verarbeitungsprozesse unverändert bleiben muss, das Material also bei Dehnung die gleiche Optik bewahrt. Auch hohe Drücke oder Temperaturen dürfen das Erscheinungsbild nicht verändern.

Beim Autokäufer stehen das Anschmutz- und Reinigungsverhalten sowie die Farbstabilität der textilen Oberflächen im Fokus. Teppiche sind hierbei den preiswerteren Nadelfilzen überlegen. Die gesetzlichen Bestimmungen für Textilien im Automobil betreffen vor allem die Anforderungen zur Schwerentflammbarkeit im Fahrzeuginnenraum sowie die Altfahrzeugverordnung. Dieses Gesetz birgt aufgrund hoher Gewichtsvorgaben für das stoffliche Recycling Probleme für die Verwertung von Verbundstoffen aus Textilien und Kunststoffen. Für derartige Produkte gibt es derzeit noch wenig wirtschaftliche Recyclinglösungen. Die Autohersteller erwarten von ihren Lieferanten als Zusatzleistung die Identifikation und Dokumentation der chemischen Zusammensetzung der Werkstoffe sowie Recycling- und Entsorgungskonzepte. Der Einsatz von Flachs und Hanf wird als Alternative daher wieder stärker diskutiert. Die strengen Anforderungen zur Entflammbarkeit dagegen werden von den textilen Materialien durch hocheffiziente Faserabsorber bereits erfüllt.