IAA in a nutshell - Rückblick und Kommentar zur Internationalen Automobil-Ausstellung 2019

30.09.2019
Sebastian Lüttig bei der IAA 2019
Weniger Aussteller, schwindende Besucherzahlen… über den vermeintlich unausweichlichen Niedergang der IAA ist in den Medien bereits vielfach berichtet worden. Nicht zu Unrecht, wenn man bedenkt, dass Marken, die sich für über 40% der in Europa produzierten Fahrzeuge verantwortlich zeigen, nicht mit eigenen Ständen vertreten waren. Grund genug für uns, deshalb einige Aspekte etwas näher zu betrachten.
Während italienische, französische, japanische sowie skandinavische Fahrzeugmarken mit Abwesenheit glänzten, präsentierten sich immerhin drei chinesische Hersteller. Das ist insofern bemerkenswert, da Byton und Wey nicht vor 2021 und die Marke Hongqi von FAW möglicherweise gar nicht ins Europageschäft starten werden. Dennoch kann man die ausgestellten Elektro- und Hybrid-Modelle durchaus als Hingucker bezeichnen. Das Marketingziel der Chinesen dürfte erreicht sein.

Endlich sind auch rein batterieelektrische Fahrzeuge deutscher Marken ausgestellt die dem Ziel eines urbanen und erschwinglichen Großserienfahrzeuges mit Alltagstauglichkeit schon sehr nahekommen.

Allen voran erregte der ID.3 als designiertes neues „Volksauto“ das Interesse. Aber auch der neue Smart EQ, der Mini electric oder der Corsa-e stehen ganz kurz vor der Alltagspräsenz. Schade, dass einige Hersteller es noch nicht geschafft haben, für ihre Modelle eine Preisliste zu veröffentlichen.

Auch unterhalb des PKW-Segments regt sich etwas. Von den großen OEM kommt in diese Richtung bis auf das Seat-Konzept Minimo, welches stark an den Renault Twizy erinnert, recht wenig. Etwas versteckt präsentierten sich der Microlino und der fast baugleiche Karolino als elektrische Nachfahren der BMW Isetta. Beide sind zu einem Preis ab 12.000 EUR bestellbar. Dieser Fahrzeugtyp bedient einen städtischen Mobilitätsbedarf, nach dem Motto „so wenig wie möglich, so viel wie nötig“ – und das in einer knuffigen Verpackung. Nur schade, dass sich Micro Mobility (Microlino) und Artega (Karolino) hier gerade mit dem Bruch der Partnerschaft gegenseitig Wind aus den Segeln nehmen.

Doch was denken die OEM über die Mobilität der Zukunft? Was ist mit voll-autonomem Fahren? Daimler und VW zeigten Konzeptideen, während Continental mit EasyMile sowie Schaeffler mit ihren „PeopleMovern“ fahrerlose Beförderung bereits erfahrbar machten. EasyMile hat immerhin schon 130 Fahrzeuge mit der in Europa vorgeschriebenen Maximalgeschwindigkeit von 15 km/h im Einsatz. Daneben wagten unter anderem das DLR mit dem „Urban Modular Vehicle“, die SAP mit dem Rinspeed Snap bzw. Microsnap oder ZF mit dem e-GO Mover einen Blick in die fahrerlose Zukunft. Große Zulieferer wie Bosch, ZF oder Denso schlagen in dieselbe Kerbe, nicht zuletzt um Ihre Elektronik-Komponenten zu präsentieren.

Während für viele Beobachter batteriebetriebene Elektrofahrzeuge im Vergleich zu den klassischen Verbrennern noch nicht präsent genug waren, zeigten einige Zulieferer schon den vermeintlich nächsten Technologieschritt. So präsentierten Symbio, ElringKlinger und Schaeffler ihre Aktivitäten im Bereich Brennstoffzellen. Das Thema synthetische Kraftstoffe wurde von Obrist Powertrain in Kombination mit ihrem seriellen Hybridkonzept für die nächsten 10-15 Jahre in Aussicht gestellt.

Zum Gesamteindruck bleibt zu sagen, dass die aktuelle Dreiteilung der Messe in Pressetage, Fachbesuchertage und Publikumstage für Pkw überholt wirkt, ganz abgesehen vom hieraus resultierenden hohen Aufwand für die Aussteller. Würde der Messefokus vom Pkw zur Mobilität verschoben, wird diese Dreiteilung ohnehin nicht mehr funktionieren. Doch diese Umstellung der IAA von einer reinen Automesse zur Veranstaltung für individuelle Mobilität ist noch nicht gelungen – der Wille ist partiell spürbar, die Umsetzung jedoch nicht konsequent.

Wir sind gespannt, ob und in welcher Form die IAA einem Schicksal wie die Cebit entgehen kann...